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Vom 16. bis 18. Mai empfängt Rom das Jubiläum der Bruderschaften. Wenn man im kollektiven Vorstellungsvermögen von Lüttich an Bruderschaften denkt, kommen einem zuerst die gastronomischen Bruderschaften in den Sinn. Sie sind bei großen Volksfesten, wie dem 15. August, stark vertreten und verkörpern ein lebendiges kulinarisches und festliches Erbe. Doch hinter den Roben und den regionalen Spezialitäten verbirgt sich eine sehr christliche Geschichte! Religiöse Ursprünge

Ursprünglich waren Bruderschaften Zusammenschlüsse christlicher Laien. Sie entstanden bereits in der Antike und entwickelten sich im Mittelalter in den christlichen Ländern stark weiter. Ihr Ziel? Gegenseitige Hilfe leisten, das geistliche Leben in den Gemeinden fördern oder eine bestimmte Frömmigkeit pflegen. Ihr Wesen ist religiös, doch ihr Wirken kann auch sozial, karitativ oder kulturell sein. Religiöse und karitative Bruderschaften unterstanden der Autorität des Klerus und durften keinen Handel treiben oder ihre Dienste verkaufen. Ihre Einnahmen stammten ausschließlich aus Spenden, Kollekten oder Vermächtnissen. Um das Pfarreileben zu beleben und Mittel zu sammeln, organisierten sie Feste und Prozessionen – in einer Dynamik, die sowohl spirituell als auch gemeinschaftlich war.

Im Laufe der Jahrhunderte verlor das Wort "Bruderschaft" zunehmend seinen religiösen Beiklang, bis es im 19. Jahrhundert fast folkloristisch wurde. In dieser Zeit entstanden in städtisch-bürgerlichen Kreisen die ersten Vereinigungen, die sich der Aufwertung regionaler Produkte widmeten. Dieser Wandel war allerdings nicht ganz neu: Schon im Mittelalter feierten einige Zünfte bestimmte kulinarische Praktiken oder Spezialitäten. Festessen zu Ehren von Schutzheiligen, lokale Köstlichkeiten im Rampenlicht – auch wenn sie sich nicht als gastronomisch verstanden, kündigten diese Zusammenkünfte bereits eine gewisse gemeinschaftliche Lebenskunst an.

Bruderschaften – damals und heute

Kehren wir zurück zu den religiösen Bruderschaften. Auch wenn sie heute weniger sichtbar sind als ihre gastronomischen „Cousinen“, so sind sie doch weiterhin fest im Lütticher Alltag verankert.

Die Bruderschaft der Allerheiligsten Jungfrau

Die Bruderschaft der Allerheiligsten Jungfrau in Ans ist ein schönes Beispiel dafür. Sie pflegt seit über... fünf Jahrhunderten eine marianische Tradition! Gegründet wurde sie 1451 in der Pfarrei St. Martin und war, wie Xavier Gérard, Kanzlist der Bruderschaft, erklärt, „nicht nur eine fromme Vereinigung, sondern auch eine Armbrustschützen-Kompanie, die für den Schutz des Landes verantwortlich war“. Im Laufe der Jahrhunderte hat sie sich dem Wandel des Pfarreilebens angepasst, ist jedoch ihrer Mission treu geblieben: „die Marienverehrung sowohl geistlich als auch materiell zu fördern und zu bewahren.“ Auch heute noch kümmert sich die Bruderschaft um die Pflege der verehrten Statue und organisiert jedes Jahr am 15. August die Marienprozession – ein Höhepunkt im Pfarreileben von Ans. Zwei weitere Feiern prägen das Jahr: eine Messe für lebende und verstorbene Mitglieder am 1. Mai sowie eine Rosenkranzmesse Anfang Oktober. Die Organisation beruht auf zwölf Mitgliedern, begleitet vom Pfarrer und unterstützt von zahlreichen Ehrenmitgliedern. Eine Ökonomin kümmert sich zudem um eine eher ungewöhnliche Aufgabe: die Garderobe der Heiligen Jungfrau. Ihre prachtvollen Gewänder werden von Pfarreimitgliedern in Handarbeit gefertigt. Das 575-jährige Jubiläum wird im Jahr 2029 gefeiert.

Die Bruderschaft des Allerheiligsten Sakraments

Nach Ans geht es zur Basilika St. Martin, wo 1575 die Bruderschaft des Allerheiligsten Sakraments gegründet wurde. Ihre Mission: Christus in der Eucharistie zu verherrlichen und die Feier der Fronleichnamsfeste mit Leben zu füllen. Sehr aktiv im 17. und 18. Jahrhundert – sie zählte bis zu 600 Mitglieder – wurde die Bruderschaft kürzlich wiederbelebt. Am 10. November 2022 unterzeichnete ein Dutzend Mitglieder neue Statuten während der Eröffnungsmesse des Festivals „Venite Adoremus“, das der eucharistischen Anbetung gewidmet ist. Diese Wiederbelebung entspricht einer Dynamik, die von den letzten Päpsten – insbesondere Franziskus – gefördert wurde. 2015 erinnerte er beim Hochfest des Leibes und Blutes Christi daran: „Heute, an diesem Festtag, freuen wir uns nicht nur, dieses Geheimnis zu feiern, sondern es auch zu loben und in den Straßen unserer Stadt zu besingen.“ Die Mitglieder der Bruderschaft verpflichten sich zu einer täglichen Kurzandacht, einer monatlichen Anbetungszeit und zur Teilnahme an den großen Fronleichnamsfeiern – ein konkreter Weg, die Tradition lebendig zu halten.

Die Bruderschaft des Jesuskindes von Prag

Schließlich zeigt eine jüngere Bruderschaft in Horion-Hozémont, dass der Glaube auch heute noch gelebt und geteilt wird. 2014 wurde die Bruderschaft des Jesuskindes von Prag von Bischof Jean-Pierre Delville kanonisch errichtet. Es handelt sich um einen privaten Zusammenschluss von Gläubigen, die das Jesuskind verehren und seine Andacht verbreiten möchten. Zudem betet die Bruderschaft für den Schutz des ungeborenen Lebens und der Familien. Für ihre Mitglieder bedeutet die Weihe an das Jesuskind, den Alltag – mit seinen Freuden, aber auch seinen Schmerzen und Schwächen – Christus anzuvertrauen. Es heißt, mit Gottes barmherzigem Blick die Welt neu zu betrachten und selbst an dunklen Tagen die Schönheit der Schöpfung zu erkennen. Es bedeutet auch zu lieben: die Menschen um uns herum, in der Hoffnung, dass sie Gott begegnen und sich ihm anvertrauen. Die Bruderschaft steht allen offen und zählt heute rund 1500 Mitglieder. Mit dem Beitritt verpflichtet sich jedes Mitglied, täglich das Weihegebet zu sprechen, regelmäßig an den Gottesdiensten teilzunehmen und die Verehrung des Jesuskindes von Prag weiterzugeben. Im Heiligen Jahr ist das Heiligtum von Horion-Hozémont als Jubiläumsheiligtum der Diözese anerkannt. An diesem Sonntag, wie an jedem dritten Sonntag im Mai, organisiert das Heiligtum des Jesuskindes von Prag eine Prozession – eine Gelegenheit für Gläubige und Neugierige, die Bruderschaft in ihrem betenden und lebendigen Rahmen kennenzulernen.

Die Lütticher Bruderschaften zeigen: Manche Traditionen sind alles andere als veraltet – und haben eine lebendige Zukunft!
 

Céline Dallemagne